Künstliche Intelligenz in Schleswig-Holstein – Forschung, Start-ups und maritime Innovation

KI in Schleswig-Holstein im Kieler Hafen
KI in Schleswig-Holstein besteht nicht nur in der Theorie., sondern wird auch genutzt. | Foto: snapshotfreddy | adobe stock

Schleswig-Holstein ist als Deutschlands nördlichstes Bundesland nicht nur geografisch besonders, sondern auch in seiner Wirtschafts- und Forschungsstruktur. Traditionell prägt die maritime Wirtschaft die Region: Werften, Reedereien und Zulieferbetriebe sind seit Jahrzehnten feste Größen. Gleichzeitig haben sich in den letzten Jahren neue Schwerpunkte herausgebildet, die stark auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz setzen. Besonders in den Städten Kiel und Lübeck wächst ein dynamisches Ökosystem, das Wissenschaft, Start-ups und Industrie miteinander verbindet.

Während Kiel seine Stärke in maritimen Technologien, der Logistik und bei erneuerbaren Energien hat, steht Lübeck für medizinische Forschung, Medizintechnik und Biotechnologie. Damit entstehen zwei Pole, die sich gegenseitig ergänzen und Schleswig-Holstein ein klares Profil im deutschen Innovationsraum verleihen. KI wird nicht abstrakt diskutiert, sondern praktisch eingesetzt, um Schiffe effizienter zu steuern, Diagnosen in der Medizin zu verbessern oder nachhaltige Energieproduktion intelligenter zu gestalten.

Forschung und Wissenschaft – Medizin, Meer und Digitalisierung

Ein zentrales Standbein für die Entwicklung von KI in Schleswig-Holstein sind die wissenschaftlichen Einrichtungen. Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) betreibt seit vielen Jahren Forschung im Bereich Informatik und Robotik. Besonders interessant ist die Verbindung zur Ozeanografie: KI-Methoden helfen, riesige Datenmengen aus Messungen im Meer auszuwerten. Strömungen, Salzgehalt oder Temperaturverteilungen können damit präziser analysiert werden, was wiederum für Klimamodelle von zentraler Bedeutung ist. Auch in der Robotik gibt es Fortschritte, beispielsweise bei autonomen Unterwasserfahrzeugen, die Daten selbstständig erfassen.

Die Universität zu Lübeck ist dagegen ein Leuchtturm für medizinische Informatik. Hier wird daran gearbeitet, KI in Diagnosesysteme zu integrieren. Radiologische Bilder lassen sich automatisiert auswerten, Algorithmen erkennen Auffälligkeiten schneller und zuverlässiger. Auch in der Biomedizin spielt die Universität eine wichtige Rolle: Durch die Kombination von Biologie, Informatik und Datenanalyse werden Krankheiten auf molekularer Ebene untersucht.

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Ein international anerkanntes Zentrum ist zudem das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Hier werden mithilfe von KI komplexe Klimamodelle berechnet. Das ist von globaler Bedeutung, da das Verhalten der Meere direkten Einfluss auf Wetter, Klima und Ökosysteme weltweit hat. KI trägt dazu bei, diese Modelle zu verfeinern und Prognosen zuverlässiger zu machen.

In Lübeck sitzt außerdem das Fraunhofer IMTE (Institut für Individualisierte und Zellbasierte Medizintechnik), das sich mit KI-Lösungen für Medizintechnik und Lebensmitteltechnologie befasst. Die Forschung reicht von automatisierten Analyseverfahren bis hin zu Anwendungen in der personalisierten Medizin. Zusammen ergibt sich eine Forschungslandschaft, die Medizin, Meer und Digitalisierung in einzigartiger Weise verknüpft.

KI-Start-ups in Schleswig-Holstein – Innovation aus dem Norden

Neben den großen Forschungseinrichtungen sind es vor allem junge Unternehmen, die die Region prägen. In Kiel arbeitet das Start-up SOTA Solutions an KI-Systemen für Logistik und Handel. Lagerprozesse, Absatzprognosen und Lieferketten werden mit Predictive Analytics gesteuert. Besonders für norddeutsche Handels- und Logistikunternehmen bringt das deutliche Vorteile, da Kosten sinken und Abläufe effizienter werden.

Ein weiteres Beispiel ist minubo, das eine Plattform für Datenanalyse im E-Commerce entwickelt hat. Onlinehändler stehen vor der Herausforderung, riesige Datenmengen aus Vertrieb, Marketing und Logistik zu nutzen. Minubo bietet eine Lösung, die mit KI Trends erkennt und datenbasierte Entscheidungen ermöglicht. Dadurch können Unternehmen ihre Prozesse skalieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern.

In Lübeck hat sich ApoQlar einen Namen gemacht. Das Start-up entwickelt mit der Plattform Virtual Surgery Intelligence (VSI) ein System, das KI mit Mixed Reality verbindet. Ärzte können Operationen simulieren, planen und während des Eingriffs visuelle Unterstützung erhalten. Diese Technologie gilt als wegweisend für die Chirurgie und hat das Potenzial, sich international zu etablieren.

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Stark im maritimen Bereich ist Baltic Future Technologies in Kiel. Das Unternehmen arbeitet an autonomen Schiffssystemen und Routenoptimierung. Dabei geht es nicht nur um Effizienz, sondern auch um Nachhaltigkeit. Intelligente Systeme können Emissionen verringern und Treibstoff sparen – ein entscheidender Faktor für die maritime Wirtschaft.

Ebenfalls innovativ ist North.io (ehemals TrueOcean). Das Unternehmen verarbeitet Geodaten mit KI, um Entscheidungen im Küstenmanagement und Klimaschutz zu verbessern. Städte und Forschungseinrichtungen können diese Daten nutzen, um nachhaltige Projekte umzusetzen. Damit zeigt sich, dass Schleswig-Holstein auch im Bereich Umweltschutz eine Vorreiterrolle einnimmt.

Wirtschaft und Industrie – Maritime Stärke und Medizin

Die Wirtschaftsstruktur Schleswig-Holsteins ist eng mit den Forschungsschwerpunkten verknüpft. Die maritime Wirtschaft ist einer der größten Arbeitgeber und profitiert zunehmend von digitalen Technologien. KI hilft dabei, Schiffsverkehr effizienter zu organisieren, Treibstoff einzusparen und Routen so anzupassen, dass Emissionen sinken.

Ein zweiter wichtiger Bereich ist die Medizintechnik. In Lübeck haben sich zahlreiche Unternehmen angesiedelt, die mit KI Diagnostiksysteme verbessern, chirurgische Eingriffe unterstützen oder in der Rehabilitation eingesetzt werden. Durch die Nähe zur Universität und zum Fraunhofer-Institut ergeben sich hier enge Kooperationen zwischen Forschung und Wirtschaft.

Auch die Energiewirtschaft spielt eine wachsende Rolle. Vor der Küste Schleswig-Holsteins stehen zahlreiche Offshore-Windparks. Mit KI lassen sich diese besser steuern, Wartungsarbeiten planen und Stromnetze stabilisieren. Damit leistet das Bundesland einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Insgesamt entsteht ein Standort, an dem maritime Tradition, Hightech und Nachhaltigkeit eng verbunden sind.

Netzwerke und Initiativen – KI in Norddeutschland fördern

Um die verschiedenen Akteure miteinander zu vernetzen, setzt Schleswig-Holstein auf Cluster und Hubs. Der Verein DiWiSH (Digitale Wirtschaft Schleswig-Holstein) unterstützt Unternehmen bei der Digitalisierung und bringt sie mit Forschungseinrichtungen zusammen. Der KI-Transfer-Hub SH dient als Plattform, auf der Start-ups, Wirtschaft und Wissenschaft kooperieren können.

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Besonders stark ist auch das Maritime Cluster Norddeutschland, das KI-Anwendungen in Schifffahrt und Hafenwirtschaft fördert. Es sorgt dafür, dass Innovationen schnell in der Praxis ankommen und Unternehmen von neuen Technologien profitieren.

Im Bereich Medizin und Biotechnologie ist BioMedTec Lübeck ein wichtiges Netzwerk. Es bündelt Kompetenzen aus Forschung, Klinik und Unternehmen und stärkt so die Position Lübecks als Medizintechnikstandort. Diese Initiativen zeigen, dass Schleswig-Holstein aktiv daran arbeitet, die Voraussetzungen für den Erfolg von KI zu schaffen.

Chancen und Herausforderungen – KI im Norden

Schleswig-Holstein hat die Chance, durch die Kombination von maritimer Kompetenz, medizinischer Forschung und erneuerbaren Energien ein einzigartiges Profil in Deutschland aufzubauen. Während andere Bundesländer auf klassische Industrie oder reine IT-Dienstleistungen setzen, bietet der Norden eine Mischung, die stark auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Relevanz ausgerichtet ist.

Allerdings gibt es auch Herausforderungen. Der Fachkräftemangel macht sich besonders bemerkbar, da viele hochqualifizierte Absolventen in größere Städte wie Hamburg oder Berlin abwandern. Auch die geringe Dichte an Investoren und Venture-Capital-Firmen erschwert es Start-ups, schnell zu wachsen. Umso wichtiger ist es, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen, die Talente und Kapital in der Region halten.

Ausblick – Schleswig-Holstein als KI-Standort zwischen Meer und Medizin

Schleswig-Holstein steht an einem spannenden Punkt seiner Entwicklung. Mit Kiel und Lübeck verfügt das Land über zwei starke Zentren, die Forschung, Start-ups und Industrie verbinden. KI wird hier nicht nur als abstrakte Technologie verstanden, sondern konkret angewendet – sei es bei der Steuerung von Schiffen, der Verbesserung von Diagnosen oder der Integration erneuerbarer Energien.

Die Kombination aus Meer, Medizin und Digitalisierung verleiht dem Bundesland ein Alleinstellungsmerkmal. Wenn es gelingt, die Herausforderungen bei Fachkräften und Investitionen zu meistern, kann Schleswig-Holstein in den kommenden Jahren zu einem führenden Standort für Künstliche Intelligenz im Norden Deutschlands werden.

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Verfasst von Hajo Simons

arbeitet seit gut 30 Jahren als Wirtschafts- und Finanzjournalist, überdies seit rund zehn Jahren als Kommunikationsberater. Nach seinem Magister-Abschluss an der RWTH Aachen in den Fächern Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft waren die ersten beruflichen Stationen Mitte der 1980er Jahre der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (Pressesprecher) sowie bis Mitte der 1990er Jahre einer der größten deutschen Finanzvertriebe (Kommunikationschef und Redenschreiber).